… dass der Flughafen Tegel geschlossen werden muss.
Weit über die Grenzen Berlins und Brandenburgs hinaus ist das Flughafendebakel um den BER bekannt, der vor fünf Jahren hätte eröffnet werden sollen und dessen Bauverzögerung mehr als 1,3 Millionen Euro – pro Tag. Um sich diese Kosten überhaupt vorstellen zu können, hilft ein Blick auf folgende Seite: https://www.flughafen-berlin-kosten.de.
Nun erhebt sich eine kleine und zwischenzeitlich unbedeutend gewordene Partei umfragetechnisch wieder in politische Höhenlüfte, indem sie medienwirksam für den Weiterbetrieb des Berliner Stadtflughafens Tegel wirbt und den Volksentscheid zur Offenhaltung (*Randnotiz: der Autokorrektor schlug statt Offenhaltung „Affenhaltung“ vor, wenn das mal kein Zeichen ist) Tegels tat- und zahlungskräftig unterstützt.
Zeitgleich zur Bundestagswahl soll morgen in Berlin über diesen Volksentscheid abgestimmt werden. Er ist nicht bindend, aber ein Statement und Argument und Stütze für die künftige Stadtpolitik in die eine oder aber die andere Richtung.
Selbstredend nehme ich morgen an der Bundestagswahl teil und werde zudem Volksentscheid gegen eine Offenhaltung Tegels stimmen, meiner Fassungslosigkeit ob des gigantischen Planungsversagens und der nicht in Worte zu fassenden Verschwendung zum Trotz.
Klar, die Mehrzahl der BerlinerInnen liebt „ihren Flughafen“, mittenmang in der Stadt. Es sieht wirklich hübsch aus, wie die Flugzeuge über Berlin Stadt zum Landeanflug ansetzen; das gehört irgendwie zum Flair dieser Stadt. Solange man nicht direkt darunter in der Einflugschneise steht, sitzt oder gar wohnt und diesem nachgewiesenermaßen krankmachenden Höllenlärm tagtäglich ausgesetzt ist. Dass manche fluglärmgeschulte AnwohnerInnen selbst für die Offenhaltung des Stadtflughafens sind, einzig und allein, weil sie fürchten, dass ihre Mieten sonst rasant in die Höhe schießen werden, ist ein Armutszeugnis für die tatsächlich defizitäre Sozialpolitik und das Versagen des MieterInnenschutzes. Ist es nicht empörend, dass Menschen lieber duldsam Lärm ertragen, nur um nicht aus ihrem Wohnumfeld verdrängt zu werden? Weil sie sonst nicht wissen, wohin? Miet- und Wohnungspolitik – das ist das eigentliche Thema, das Bund und Stadt auf der Agenda haben sollten. Möge der rot-rot-grüne Senat dabei ein weises Hirn und ein glückliches Händchen haben. Bin ich blauäugig?
Hauptargument der TegelbefürworterInnen: steigende Fluggastzahlen, denen der BER in seiner jetzigen Größe einfach nicht gewachsen ist. Abgesehen davon, dass die Schätzungen der künftigen Passagierzahlen übermäßig hoch angesetzt wurden – ist eine immer weitere Ausweitung der Flugverkehrs denn überhaupt wünschenswert, anstrebenswert, politisch, ökologisch und ökonomisch vertretbar? Diese Wachstumslogik finde ich – galant ausgedrückt – sehr ärgerlich. Alle außer ein paar ScheuklappenträgerInnen machen sich Sorgen ob der Folgen des Klimawandels. Bei jedem Sturm, jedem Unwetter, jedem zu heißen, kalten, nassen oder trockenen Herbst, Winter, Sommer und Frühling fragen wir uns: ist das normal oder sind das schon die ersten Boten des Klimawandels. Wir empören uns – zurecht – über Volkswagen, Dieselskandal, Trump und Co, machen tse tse tse, wenn die Nachbarn den Müll nicht korrekt trennen; und steigen dann mal eben ins Flugzeug. Mehrfach pro Jahr, mit einer unvorstellbaren Selbstverständlichkeit. Weil es so unverschämt billig ist, jetten wir von Berlin nach Stuttgart oder München, Amsterdam, Paris und London. Wenn ich im Radio die Werbung für Flugreisen für eben mal 39 Euro höre, kommt mir das Frühstück wieder hoch. Wie bitte: Spaß muss sein und man kann nicht auf alles verzichten? Nun, mir vergeht jede Freude, wenn ich an die möglichen Folgen für meine Kinder und Enkelkinder in fünfzig Jahren denke. Ja, Bahnfahren ist teuer, zu teuer. Das zu Ändern ist ein unterstützenswertes politisches Ziel. Aus Protest gegen teure Bahnfahrkarten die Umwelt kapputtzufliegen ist kurzfristig gedacht, um nicht das Wort dämlich zu verwenden.
…
Ist gut, ich packe jetzt die Moralkeule wieder ein und fürchte ohnehin, dass ich sowieso nur die bereits Überzeugten erreicht habe.
Für einen visuell positiveren Beitragsabschluss lieber noch ein paar Flugzeuglandebilder.
Gut geschrieben. Leider sehen 51% es anders.
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Ich freue mich, dass Du meinen Argumenten folgen konntest. Ich bin ich enttäuscht – in Bezug auf die Bundestagswahl wie auch auf die Tegelabstimmung.
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Ich kann nur nicken, liebe Agnes, zu allem was du schreibst – okay, nun gehöre ich genau zu denen, die du vermutet hast und auch mir geht es bei dem einen und anderen Artikel so, aber gleichzeitig nehme ich wahr, dass dann eben doch nicht jede und jeder konform geht und das macht das Ganze dann doch wieder spannend, oder?!
Herzliches zur guten Nacht
Ulli
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Liebe Ulli,
Du hast recht. Es ist nicht nur pure schulterklopferische Selbstvergewisserung, sondern es macht Mut, dass es auch andere gibt, die ähnliche Ansichten vertreten und es stärkt die eigenen Argumente, wenn man liest, dass etliche genau dieselbe Sicht haben. Letztens ist das Wissen um ähnlich Gesinnte auch Antrieb und Stütze für politisches und gesellschaftliches Engagement und nicht nur „Fellpflege“.
Liebe Grüße
Agnes
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Nicht nur, weil ich in der Tegeler Einflugschneise lebe und arbeite sollte der Flughafen Tegel geschlossen werden. Ich hoffe sehr, dass es bei der Schließung bleibt und habe auch entsprechend gewählt.
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Liebe Susanne,
ich danke Dir für Deinen Kommentar.
In ein paar Stunden schon sind alle Karten gemischt und es wird sich zeigen, wie das Abstimmungsergebnis ausfällt.
Herzliche Grüße
Agnes
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Liebe Agnes, die paar Stunden sind vorbei und ich bin noch schockiert vom Wahlergebnis.
Liebe Grüße von Susanne
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Liebe Susanne, auch ich bin noch ziemlich fassungslos.
Liebe Grüße
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Wenn das man nicht Neuwahlen gibt…..
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Als unterstützende Maßnahme könnte man die DB verpflichten, etwas netter mit den Kunden umzugehen – insbesondere, wenn man wegen Verspätung seinen Zug verpasst…
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Liebe Belana,
das ist allerdings wahr, dass es bei der Bahn eine ganze Reihe an Baustellen gibt. Viel viel viel gibt es zu verbessern, damit Bahnfahrten wirklich eine ernstzunehmende und bequeme Alternative zu Auto und Flugzeug ist. Nahezu jeder weiß da eine empörende Geschichte zu erzählen. Insbesondere in punkto Barrierefreiheit sind ja wohl manche Bahnhöfe und Züge noch im Mittelalter. Unhaltbar! Wo kein politischer Wille ist, mangelt es auch an der Umsetzung. Es wird Zeit, dass wir uns noch viel vernehmlicher darüber empören.
Die einen schönen Sonntag.
Herzliche Grüße
Agnes
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Hallo, es gehört zwar nicht zum Thema, aber den Satz „Allmählich denke ich, dass Politik nicht mehr zu begreifen ist.“ möchte ich nicht unkommentiert lassen. Selbst Politiker scheinen dies nicht unbedingt zu können, Lobbyisten dafür umso besser. Wenn dann noch bei irgendwelchen Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt „vermeintlich sichere Jobs“ ins Spiel gebracht werden, mögen sie noch so prekär sein, wird doch heute nahezu alles durchgewunken, was auf den Tisch kommt. Das Wohlergehen des Menschen spielt da eher eine untergeordnete Rolle. Was in der Rechtssprechung übersehen oder absichtlich ausgespart wird, wird von findigen Zeitgenossen gnadenlos ausgenutzt. Das wird sich auch nach diesem Sonntag kaum ändern. Sorry Agnes, für dieses OT. LG
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Hallo,
danke für Deinen Kommentar. Ich zitiere hier erst einmal, was ich Clara bereits geantwortet habe:
„… die Frage ist, ob Politik jemals wirklich „begreifbar“ war bzw. dass politische Entscheidung nicht immer so transparent getroffen werden, wie es wünschenswert wäre. Es gibt ja viele Dinge, die Einfluss auf eine Entscheidung haben – „Sachzwänge“, wirtschaftliche Interessen, Kumpelei.
Das können wir resigniert so hinnehmen und sagen, dass sich sowieso niemals etwas ändern wird, aber aber immer wieder aufbegehren und selbst aktiv werden. Denn: es kann alles auch noch schlimmer kommen, da müssen wir nicht erst in die USA gucken.“
Fatalerweise sind ja einige gerade der neoliberalen Entscheider wohl der Meinung, dass alles, was gut für die Wirtschaft ist, auch letztenendes „den“ Menschen hilft. Diese Ideologie von Leistungsträgern, freiem Markt und Wachstum als Gesetzmäßigkeit – die halten manche wohl gar für das „Wohlergehen des Menschen“.
Aber wenn wir in die Tiefe gehen, wird es kompliziert und bin keine Anhängerin von Attitüden, von „die da“ usw. Aber ich habe Kopfschmerzen und bin daher nicht für ein längeres Plädoyer zu gebrauchen. Aber vielleicht setzen wir die Diskussion ein anderes Mal fort. Politik – Sozial-, Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik steht ja nicht nur indirekt auch in Zusammenhang mit dem Thema Krankheit und Depression. Insofern wäre diese Diskussion auf einem Blog wie Deinem oder meinem gar nicht fehl am Platze.
Liebe Grüße
Agnes
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Liebe Agnes, leider hast du sicher Recht, wenn du meinst, dass du nur die sowie so schon Überzeugten erreicht hast.
Diese billigen Flugtickets aus den unterschiedlichsten Gründen finde ich auch eine Riesensauerei. – Natürlich muss Tegel geschlossen werden – und das sage ich, obwohl ich nicht von dem Fluglärm belästigt werde.
Allmählich denke ich, dass Politik nicht mehr zu begreifen ist.
Und tschüss
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Liebe Clara, die Frage ist, ob Politik jemals wirklich „begreifbar“ war bzw. dass politische Entscheidung nicht immer so transparent getroffen werden, wie es wünschenswert wäre. Es gibt ja viele Dinge, die Einfluss auf eine Entscheidung haben – „Sachzwänge“, wirtschaftliche Interessen, Kumpelei.
Das können wir resigniert so hinnehmen und sagen, dass sich sowieso niemals etwas ändern wird, aber aber immer wieder aufbegehren und selbst aktiv werden. Denn: es kann alles auch noch schlimmer kommen, da müssen wir nicht erst in die USA gucken.
Ich wünsche Dir einen hoffnungsvollen Sonntag
Liebe Grüße
Agnes
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Liebe Agnes, nur wenn diese „Sachzwänge“ so vordergründig sind wie beim Diesel und der Autoindustrie und wenn dann offensichtlich Flachpfeifen wür Entscheidungen verantwortlich sind, dann möchte ich manchmal auf die ganze Demokratie pfeifen.
Ich würde mich nie und nimmer für einen politischen Posten eignen, ich wäre viel zu ungeduldig und auch zu unduldsam.
Mit einem hast du Recht : Es könnte noch viel schlimmer sein, ich denke nur an 1933, was ich aber auch nicht selbst erlebt habe.
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Ceterum censeo ….. ich bin ganz deiner Meinung, obwohl mich der Berliner Flughafen ja gar nichts angeht …
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Ich bin trotzdem froh um Deinen Kommentar. Man darf sich ja gerne für Dinge interessieren, von denen man nicht direkt betroffen ist. Unter dem Klimawandel werden wir alle noch zu leiden haben, insofern stimmt es gar nicht mal, dass Dich das ganze „nichts angeht“.
Liebe Grüße
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Das ist leider wahr ….
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