Blind zeichnen: perfekte Überlistung der Frau Perfektionismus

 

 

Ich habe in letzter Zeit einiges geschafft, woran vor kurzer Zeit noch nicht einmal zu denken war, war mehrere Tage am Stück „im Außen“ – nicht nur nicht allein, sondern auch in Verantwortung für andere, habe auch mit mir völlig fremden Menschen geredet, Dinge organisiert, Entscheidungen getroffen. Jetzt ist es vollkommen ok, dass ich müde und erschöpft bin, die Schmerzen dürfen bei mir sein, der Tinnitus darf lauter tönen. Statt mich zu ärgern, versuche ich mich darüber zu freuen, dass ich so lange und so gut durchgehalten habe.

Jetzt darf ich Kraft schöpfen für die nächste Etappe. Zum Auftanken brauche ich Ruhe und Alleinesein. Aber auch das Zeichnen.

Daran aber haperte es. Ich lag vorhin fast schon im Bett, keine Muße, keine Kraft. Fräulein Leistungsdruck wollte mir außerdem weismachen, dass ich in meinem Zustand sowieso nichts gutes/schönes/sinnvolles aufs Papier bringen könne. Sie weigert sich hartnäckig einzusehen, dass es doch darauf gar nicht immer ankommt!

Also fiel mir das „Blindzeichnen“ ein (also Zeichnen ohne aufs Papier zu gucken), wie wir es – einige Blogs gemeinsam – vor längerer Zeit schon einmal als kleines Gemeinschaftsprojekt hatten (…wenn ich mich richtig erinnere…, die damaligen Beiträge dazu mag ich jetzt aber nicht mehr heraussichen. Wer seinen/ihren hier verlinken will, gerne).

Beim Blindzeichnen erübrigt sich sämtlicher Perfektionismus – wer nicht sieht, was er oder sie zeichnet, macht automatisch „Fehler“. Dabei mache ich es immer wieder mal sehr gern.

Mir fiel der außerdem der Trick ein, mit dem Susanne Haun in diesem Jahr ihre täglichen Selbstportraits macht: sie guckt nicht in den Spiegel, sondern in den Bildschirmmonitor (oder die ipad-Kamera) und spiegelt sich dort.

Das funktioniert auch bei mir prächtig, nochzumal ich auf meinem Schreibtisch mit zwei Monitoren arbeite und ich das Kamera-Fensterchen so hin und her schieben kann, dass ich mich sowohl frontal als auch im Profil betrachten kann.

 

So zeichnete ich also drauflos. Erst den Kuli recht verkrampft, dann zum lockerer Zeichnen den Stift ganz am Ende gehalten. Zum Schluss noch ein flottes „sehendes“ Portrait. Doch manche der „blinden“ Zeichnungen gefallen mir besser.

 

Die Zeichnungen zeige ich einmal einzeln, einmal als Zusammenstellung auf einer Seite, wie es Ulli Gau in Bezug auf meine S-Bahn-Skizzen neulich angeregt hat.

 

Bei Anklicken eines der Bilder öffnet sich die vergrößerte Galerieansicht.

 

 

 

Autor: Ines Udelnow

Portraitzeichnungen, Zeichnungen aus der Natur und Naturfotografie

32 thoughts

  1. Liebe Agnes, ich bin ebenfalls sehr von deinen Blindzeichnungen angetan. Auch wenn ich mich damals beteiligt habe, so bin ich gerade überfordert die Zeichnungen rauzusuchen, sorry.
    Ich freue mich, dass meine Anreung bei dir auf einen fruchtbaren Boden gefallen ist :)
    herzliche Grüße
    Ulli

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    1. Lieben Dank! Ich verstehe, dass Du keine Lust zum Archivsuchen hast, dafür fühle ich mich gerade auch zu müde. Ich glaube mich zu erinnern, dass ich auf Deine Anregung anschließend auch die Blindfotografie versuchte, was ebenfalls eine sehr interessante und gute Erfahrung war.
      Herzliche Grüße
      Agnes

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  2. Die blinden sind sehr ausdrucksstark!! Die Steigerung der Methode ist, wenn man blind zeichnet und das Objekt auch nicht sieht sondern mit einer Hand ertastet. Das bringt auch sehr erstaunliche Ergebnisse

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  3. Glaub ich dir gerne, ich weiß, wie erschöpfend das sein kann. Toll dass du es hinbekommst =) Deine Bilder sind echt klasse, trotz blind zeichnens soviele Striche, die passend sitzen. Bei entsteht da imme rnur totales kritzelchaos xD

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